Schweden hat mich – ganz offiziell!

2017-02-27-13-31-33Die Gratulationen überhäufen mich, denn dieser Tage hat das 10-Millionen-Land Schweden einen Staatsbürger mehr! Am 22. Februar erhielt ich den „bevis om svenskt medborgarskap“, bin also offiziell svensk medborgare, swedish citizen, Schwedin!

Dabei war die Migrationsbehörde schneller als meine schreibende Feder: Nicht mal 4 Wochen nach der Antragstellung hatte ich die staatliche Urkunde in der Post! Ich holte das wichtige Einschreiben bei meinem lokalen Lebensmittelhändler mit Post-Kontor ab. Dachte erst, es wären nur meine Unterlagen, die ich zuvor eingereicht hatte. Stopfte den Brief recht unzeremoniell in die Einkaufstüte, faltete ihn dabei sogar…, ging wie immer mit meinem Liebling zum Lunch und öffnete dort meine Post.

Fast wäre mir die Urkunde mit den königlichen drei Kronen ins Chili con Carne gefallen!!! Tatsächlich war dies das finale Dokument, mit dem mich Schweden gleichsam einverleibte!!! Ohne weiteres Aufheben, ohne Schwur oder peinliches Verhör 😉 Froh, stolz und etwas beschämt, dass das Schreiben jetzt einen häßlichen Knick hatte, umarmte ich meinen Schatz stellvertretend für ganz Schweden und hätte am liebsten für alle Anwesenden Champagner bestellt!!!

Rein rechtlich ändert sich jetzt natürlich nicht soviel. Auch ohne „citizenship“ ist man in Schweden ganz schnell „schwedisch“. Allein durch die Personnummer behandelt der Staat einen Einwohner wie alle anderen. Wie „Eine Kiste voller Äpfel“ mit verschiedenem Ursprung – so fühlte ich mich hier bislang und erstmal auch weiterhin.

800px-biometrie_reisepass_dDas Wichtigste für mich ist, dass ich als Schwedin nun wählen kann. Im „riksdagen“, wo es um mehr geht als um Straßentunnel und Kindergärten. Ansonsten kann man als schwedischer Staatsbürger beim Militär angestellt sein, wenn man das möchte… Und so wird man eventuell in den USA bemitleidet, weil man aus so einem europäischen Chaos-Land stammt, das der Einwanderung nicht Herr wird *kleiner Scherz*…

Deutschland gehe ich dadurch auch nicht vollständig verloren, weil ich die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch behalte. Die Gesetzeslage macht es möglich, dass ich künftig zwei Pässe haben kann. Den schwedischen Pass muss ich jedoch erst noch bei der Polizei beantragen. Den deutschen müsste ich bei Ablauf in der deutschen Botschaft verlängern.

Apropos Pass: Das war für mich eigentlich die größte Hürde. Dieses wichtige Dokument muss beim Antrag auf Staatsbürgerschaft an die Behörde zur Prüfung eingeschickt werden. Dabei hatte ich so eine unbegründete Angst, dass der Pass in den Gulli fällt, verschwindet oder ewig nicht zurückkommt. Ich reise zwar nur innerhalb Europas, aber durch die dummen Grenzkontrollen nach Schweden war der Pass dabei halt immer mein Begleiter.

Schritt für Schritt durch den Antrag

desktop-logoLange hatte ich also überlegt, bis ich dann endlich Ende Januar den Antrag auf www.migrationsverket.se Schritt für Schritt durchgegangen bin. Blankett ausfüllen, ausdrucken, unterschreiben. Pass einschicken, 1500 Kronen überweisen. Und abwarten.

Tatsächlich scheint es bei dieser Behörde kein System zu geben und keine Garantie, wie schnell ein Antrag auf ‚medborgarskap‘ durchgeht. Aus Online-Gruppen und von Bekannten weiß ich, dass manche über ein Jahr warten müssen! Bei anderen geht es unkompliziert und rasend schnell. Ist es ein Faktor, dass ich Lebenspartner („sambo“) mit einem Schweden bin? Dass ich schon seit sieben Jahren hier bin, davon 5 mit permanenter Aufenthaltserlaubnis? Alle meine Angaben stehen ja schon irgendwo im System, aber es wird trotzdem gefragt: Was man eigentlich so macht, wieviel man verdient und ob der Gerichtsvollzieher schon mal da war. Ob man Kinder hat oder eventuell Strafverfahren am Hals. Und nein, man braucht vor der Einbürgerung keinen Sprachtest zu machen…

Persönlich fühlt sich das Ganze nun an wie eine Evolution; eine Weiterentwicklung in Leben, das naturgemäß immer länger wird und sich immer wieder verändert. Nach Kindheit und Jugend in Deutschland, die mir keiner nehmen kann, ist jetzt die Erfahrung in Schweden hinzugekommen, – sozusagen oben drauf ins Gepäck des Lebens. Der lange Prozess des Einwanderns und Einlebens hat mit der Urkunde jetzt eine Art Abschluß gefunden. Aber eigentlich ist das Ganze nur ein weiterer Übergang – zum Nächsten, zum Neuem… Vielleicht verwurzele ich hier im Laufe der Zeit so stark, dass ich meinen deutschen Pass in der Schublade verstauben lasse. Vielleicht werde ich aktiver Doppel-Staatler, vielleicht sitze ich eines Tages total zwischen den Stühlen…Wer weiß?

Was ich weiß, ist, dass das Klima gegenüber „Ausländern“ in Europa schlechter wird. Dass Nationalstaaten wieder wichtig sind. Und dass passieren könnte, was man sich heute noch nicht vorstellen kann. Dagegen stelle ich mich jetzt als jemand, der mehr als „eine Heimat“ hat. Der vielleicht keine Heimat hat… Der dort zu Hause ist, wo es einem gut – oder besser – geht. Und der weiß, das jeder „Neuankömmling“ – unter welchen Umständen auch immer – Hilfe, Zeit und Beistand braucht, um nicht ewig außen vor zu bleiben…!

Zusammen sind wir alle "svensk". Foto: Katgo

Zusammen sind wir alle „svensk“. Foto: Katgo

4 Gedanken zu “Schweden hat mich – ganz offiziell!

  1. Wir haben uns damals auch für die schwedische Staatsbürgerschaft entschieden, da leider Rückschritte in der Politik nicht auszuschließen sind. Und da wir uns hier rundum wohlfühlen und eingelebt haben, wollen wir hier auch bleiben – solange es uns halt gefällt und nicht bis irgendwer „Unbekanntes“ was anderes entscheidet. Ich finde es auch gut, dass man inzwischen seine „alte“ Staatsbürgerschaft behalten darf, das macht die Entscheidung wesentlich leichter. Und auch wenn sich so viel nicht ändert: Grattis ny svensk!

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